Hangul  Korea  (15. Jh. bis heute)
Die koreanische Schrift Hangul (hang'ul = erhabene Schrift) wurde von einer Gelehrtenkommission  im königlichen Auftrag erstellt und 1446 nach Edikt des Königs Sejong dem Großen als hunmin chong'um (= volkstümliche Schrift) veröffentlicht und löste damit das ältere an der chinesischen Schrift orientierte Ido-System ab. Auch heute noch gilt Hangul als eines der logischsten und wissenschaftlichsten Schriftsysteme überhaupt.
Mit diesem Erlaß untergrub König Sejong die Vorherrschaft der adeligen Kaste, deren Angehörige als einzige die Zeit hatten, die bis dahin verwendete chinesische Schrift zu erlernen. Während man zum Auswendiglernen der vielen tausend chinesischen Zeichen viele Jahre brauchte, konnte nun jeder Koreaner Hangul in wenigen Tagen lernen. Damit war es jedem koreanischen Bürger möglich, Schriftsätze zu juristischen Streitfällen und politische Eingaben zu lesen und auch selbst zu verfassen. Allerdings leistete die koreanische Oberschicht lange Widerstand gegen die allgemeine politische Partizipation, so daß erst ab um 1900 alle offiziellen Verlautbarungen des koreanischen Staates in Hangul publiziert wurden. Und so finden auch heute noch manchmal die chinesischen Zeichen (Hanja-Schrift) Verwendung.

Das älteste erhaltene Buch mit beweglichen Lettern aus Korea wurde im 14.Jh., rund 100 Jahre vor Gutenberg, gefertigt (hier ein rein chinesischer Text) und auch der älteste Blockdruck (vor 751 n. Chr.) stammt aus diesem Land. Nach der Schaffung der Buchstabenschrift hat eine rege Übersetzungsarbeit begonnen, in der eine Vielzahl von Texten aus dem Chinesischen (insbesondere von koreanischen Autoren) übersetzt und veröffentlicht wurde.

Bis zum 15. Jh. wurde in Korea in chinesischer Schrift geschrieben, aber es gab schon früh Versuche, die strukturell völlig anders gebaute koreanische Sprache mit Hilfe chinesischer Zeichen in einem sehr komplizierten System festzuhalten, angefangen z.B. bei Orts- und Personennamen, bis hin zu ganzen lyrischen Texten.
Der älteste Text, in dem sich der Gebrauch der chinesischen Schrift nachweisen lässt, ist die Grabinschrift des 413 n.Chr. verstorbenen Königs Kwanggaeto. Vermutlich ist aber der Gebrauch der Selben einige Jahrhunderte älter. Belege dafür wurden allerdings bis heute nicht entdeckt.

Hangul bestand ursprünglich aus 28 Zeichen. Davon sind heute nur noch 24 in Gebrauch: 14 Konsonanten und 10 Vokale; aus denen werden zusätzlich noch 16 Doppellaute (kk, tt, pp, ss, tch) und Diphtonge (ae, yae, ey, ye, wa, wae, oe, wǒ, we, wi, ui) gebildet. Die einzelnen Zeichen werden Jamo genannt. Jamo bedeutet soviel wie »Mutter einer Schrift« und ein Jamo hat in etwa dieselbe Funktion wie ein moderner lateinischer Buchstabe.
Den Vokalen liegen Symbole mit philosophischem Inhalt zugrunde (Kosmos, Erde und Mensch), während die Form der Konsonanten die Form des Mundes bei der Lauterzeugung abbilden.
Aus jeweils zwei oder drei Jamo werden Silben gebildet, die immer die Abfolge Konsonant-Vokal(-Konsonant) haben. Sie werden dabei in eine Blockform gebracht, die an chinesische Zeichen erinnert. Die Reihenfolge innerhalb dieses Blocks ist zuerst von links nach rechts, dann von oben nach unten. Die Silbenblöcke werden in Zeilen aneinandergereiht, Worte dabei durch Leerstellen getrennt.
Die Schreibrichtung war traditionell wie im Chinesischen in senkrechten Spalten von oben nach unten, ist durch westlichen Einfluß aber zu waagerechten Zeilen von links nach rechts geworden. Es gibt keine Groß- und Kleinschreibung. Die Satzzeichen entsprechen den Westlichen und es werden auch die uns bekannten Zahlen eingesetzt. Heute wird hautsächlich der serifenlose Zeichensatz verwendet
Der amerikanische Koreanologe G. K. Ledyard vertritt die These, dass die Hangul-Grundsymbole aus der Phagspa-Schrift abgeleitet sind.

H. J. Zaborowski, N. Bartz, 2006


  Zeichen 19. Jh.       Zeichen 19. Jh. Name    
Name linear kursiv Wert     linear kursiv Wert   linear kursiv  
Konsonanten:         Vokale:       heute nicht mehr verwendete Zeichen:
kiyŏk k, g     a      
niŭn n     ya    
tikŭt t, d     ǒ    
riŭl l, r       araea
(Kosmos)
miŭm m     o        
piŭp p, b     yo        
siŏt s     u        
iŭng -ng     yu        
chiŭt ch, j     ŭ      
ch'iŭt ch'     i        
k'iŭk k'                  
t'iŭt t'                  
p'iŭp p'                  
hiŭt h                  


Moderne Zeichen:
Name serifenlos kursiv Wert     serifenlos kursiv Name/Wert   Name serifenlos kursiv Wert
Konsonanten:         Vokale:     Ligaturen:      
kiyeok k, g     a   kiyeok-sios ks
nieun n     ya   nieun-cieuc nch
tikeut t, d     eo   nieun-hieuh nh
rieul l, r     yeo   rieul-kiyeok rk
mieum m     o   rieul-mieum rm
pieup p, b     yo   rieul-pieup rp
sios s     u   rieul-sios rs
ieung -ng     yu   rieul-thieuth rt'
cieuc ch, j     eu   rieul-phieuph rp'
chieuch ch'     i   rieul-hieuh rh
khieukh k'     Diphtonge:     pieup-sios ps
thieuth t'     ae          
phieuph p'     yae          
hieuh h     e          
            ye          
Doppelkonsonanten:       wa          
ssangkiyeok kk     wae          
ssangtikeut tt     oe          
ssangpieup pp     weo          
ssangsios ss     we          
ssangcieuc tch     wi          
            yi          


Veraltete Zeichen:
Name linear kursiv     Name linear kursiv   Name linear kursiv
Konsonanten:         Ligaturen:       pieup-tikeut
pansios     kapyeounmieum   pieup-cieuc
yesieung     kapyeounpieup   pieup-thieuth
yeorinhieuh     kapyeounssangpieup   sios-kiyeok
          kapyeounphieuph   sios-nieun
Doppelkonsonanten:     yesieung   sios-tikeut
ssangnieun     yeorinhieuh   sios-pieup
ssangieung     nieun-tikeut   sios-cieuc
ssanghieuh     nieun-sios   yesieung-sios
          nieun-pansios   yesieung-pansios
Doppelvokale:         rieul-tikeut   rieul-kiyeok-sios
yo-ya     rieul-pansios   rieul-pieup-sios
yo-yae     rieul-yeorinhieuh   pieup-sios-kiyeok
yo-i     mieum-pieup   pieup-sios-tikeut
yu-yeo     mieum-sios   Kosmoszeichen:    
yu-ye     mieum-pansios   araea
yu-i     pieup-kiyeok   araeae